GEMEINSCHAFTSAUSSTELLUNG
KUNSTTURM GIECHBURG / SCHESSLITZ
17. MÄRZ – 21. APRIL 2024
SAMSTAG & SONNTAG
11–17 UHR
Auszug aus der Einführungsrede von Dr. Matthias Liebel, Kunsthistoriker
zur Ausstellung „Kunstturm Giechburg 24“ mit Werken von Manfred Koch, Denis Delauney, Nicole Hülswitt, Christoph Klesse, Laurent Perraut und Gudrun Schüler sowie Preisträgern aus dem Künstlerwettbewerb
… Ganz anders die Arbeiten des Fotografen Denis Delauney. „Fotograf“ ist nicht ganz das richtige Wort, denn Delauney ist Maler, Bildhauer, Objektemacher und Fotograf in einem. Geboren wurde er 1961 in der Normandie. Dort wuchs er in einem ausgesprochen künstlerischen Umfeld auf und beschäftigte er sich bereits seit seiner Kindheit mit Malerei,
Töpferei und Keramik, in der er sich als 20-Jähriger schließlich in Paris weiter ausbilden ließ. Seit den frühen 1980er Jahren hatte Delauney zahlreiche Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen in Frankreich, Deutschland und anderen europäischen Ländern. 1987 ließ er sich in Bamberg nieder, wo er sich neben seinem Erwerbsberuf auch weiterhin mit der Anfertigung von kleinplastischen Arbeiten sowie mit deren fotografischer Inszenierung in der freien Natur befasste.
Zentrales Thema von Denis Delauney ist das Erfühlen und Fühlbarmachen, das Konstruieren und Inszenieren von Räumen und Formen.
Darum geht es dem Künstler auch mit seiner Fotoserie „Wa(a)ge es!“, die den Untertitel „Choreografie von Parallelen“ trägt und in der Delauney
die landschaftliche Umgebung der Normandie mit einer signal-gelben Wasserwaage durchmisst – einer „magischen Wasserwaage“, als die Prof. Ressel sie in dem soeben erschienenen Bildband bezeichnet hat, deren orthogonale Ausrichtung als widersprüchlicher Gradmesser zur wilden Natur dem menschlichen Gestaltungswillen und dem menschlichen Streben nach Maß und Ordnung und Sicherheit bildlichen Ausdruck verleiht. Gleichwohl findet auf den fotografischen Inszenierungen des Künstlers das szenisch immer wieder aufs Neue variierte Motiv der ins Lot gebrachten Wasserwaage als surrealem Fremdkörper seine farbgestalterische wie kompositionsästhetische Entsprechung in der ungezähmten Natur.
Antagonismus? Logische Konsequenz? Rationale Transformation naturgegebener Entitäten?
Oder umgekehrt: Absorption des gestaltenden menschlichen Geistes durch die eigengesetzlich vor sich hin wuchernde freie Natur?
Diese Fragen bleiben offen; und so laden die Arbeiten von Denis Delauney den Betrachter dazu ein, sich eigene Gedanken zu den abgelichteten Inszenierungen zu machen.
Das aber genau ist es, was große Kunst ausmacht:
Den Betrachter zum Denken anzuregen, ihn über eigene Wahrnehmungsmuster hinauszuführen
und ihm zu neuen Ideen, zu neuen Überlegungen, zu neuen Erkenntnissen zu verhelfen.